Am 24. September 2023 wäre der Schriftsteller Ladislav Fuks (1923–1994) hundert Jahre alt geworden, der in seinem außergewöhnlichen Werk die größten Schrecken der Welt mit schmerzhafter, ja zynischer Übertreibung geschildert hat. Seine bizarre, dekadente Poetik voller Phantasie und Phantasmagorie hat uns zum Konzept eines sehr seltsamen Kabaretts inspiriert, in dem Freude und ungezwungene Unterhaltung die Tragödie der wohlbekannten zukünftigen Schicksale von Schauspielern und Schauspielerinnen andeutet; denen, die nicht geahnt haben, dass sie Opfer der größten Schuld der menschlichen Gesellschaft in unserer Geschichte sein würden. Der Titel des Konzerts bezieht sich auf Fuks‘ Erzählung Das Lorbeerkränzchen aus dem Jahr 1953, in der er beschreibt, wie Menschen durch Demütigungen und Verurteilungen von Seiten der selbsternannten Führer und Sieger vernichtet werden.
Die Geschichte spielt in einem ruhigen Café bzw. einer Konditorei, in die der fleißige, tatkräftige Felix Veverka kommt, um sich zu entspannen. In den Raum, der mit einer Statue eines Fauns mit Flöte geschmückt ist, treten drei seltsame Gestalten mit tierischen bzw. nichtmenschlichen Attributen ein. „Die erste Gestalt war braun, haarig, sie hatte kurze Beine, einen leicht gedrungenen Hintern, die Hände mit herabhängenden Pfoten vor dem Bauch erhoben und den Kopf gedreht, als wäre sie an eine Kette gefesselt und wollte gerade den Cancan tanzen. Die zweite war riesig, nicht gehaart, grau, mit dicken Säulenbeinen, Ohren wie Segel und einem langen Rüssel. Ihr Gestampfe haben durch die ganze Konditorei erbebt. Die dritte Gestalt, die hinter ihnen erschien, war kaum zu hören. In einem braun-schwarz gestreiften Pelzmantel trat sie leise auf ihren Pfoten auf, sie hatte eine kurze, dicke, flache Nase über dem borstigem Schnurrbart und zwei blinzelnde, schielende Augen haben langsam über den Boden gespäht.“ Die Gäste der kleinen Konditorei schauen zu, tun, als ob nichts geschähe, obwohl die drei Gestalten sich etwas unangemessen verhalten. Doch nach einer Weile beginnen sie die Gäste anzugreifen, zu demütigen und ihnen zu drohen. Sie beißen das Telefonkabel durch und zerstören die Statue des Fauns. Die Menschen haben Angst und verstecken sich in ihrer Privatsphäre, und Herr Veverka beginnt umso vehementer für sich und das Wohl der Gesellschaft zu arbeiten. Er muss nichts fürchten, weil sein „Ausweis“, sei es der politische Kader- oder Rassenausweis, ist „sauber“. Was folgt daraus? Verschließen wir nicht die Augen davor, wenn jemand sich über andere erhebt, und vergessen wir auch nicht, dass Arbeit zwar notwendig, aber nicht der ganze Sinn des Lebens ist und manchmal ist es wichtig, sich gut unterhalten zu können.
Diejenigen, die damals von einem großen Teil der Gesellschaft als unerwünscht und unanpassungsfähig gegolten haben, haben das sehr gut gekannt. Diejenigen, deren Ausweis nicht „sauber“ war.
Programm
Erwin Schulhoff (1894–1942)
Sonata erotica (1919)
Mauricio Kagel (1931–2008)
Marsch aus dem Zyklus 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen
Fritz Grünbaum (1880–1941) | Bearbeitung Petr Kofroň (1955)
Ich hab das Fräulein Helen baden sehn
Mauricio Kagel
Marsch aus dem Zyklus 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen
Robert Stolz (1880–1975) | Bearbeitung Trevor Grahl (1984)
„Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ aus der Operette Der Favorit
Mauricio Kagel
Marsch aus dem Zyklus 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen
Jean Gilbert (David Robert Winterfeld, 1899–1978) | Bearbeitung Marek Piaček (1972)
„Is es wahr, was alle sagen?“ aus der Operette Die keusche Susanne
Mauricio Kagel
Marsch aus dem Zyklus 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen
Erich Wolfgang Korngold (1897–1957) | Bearbeitung Trevor Grahl
Straussiana für Orchester
Mauricio Kagel
Marsch aus dem Zyklus 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen
Jaromír Weinberger (1896–1967) | Bearbeitung Marek Piaček
Lidé z Pokerflatu (Die Ausgestoßenen von Poker Flat; Auswahl aus der Oper)
Mauricio Kagel
Marsch aus dem Zyklus 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen
Hugo Haas (1901–1968) / Pavel Haas (1899–1944) | Bearbeitung Peter Graham (1952)
Život je pes (Das Leben ist ein Hund)