Erich Wolfgang Korngold

Biografie
„Er ist das einzige Beispiel für ein kompositorisches Wunderkind, das ich kennengelernt habe und das von Anfang an eine voll ausgebildete musikalische Persönlichkeit hatte. In seinen allerersten Werken, zum Beispiel der Don Quixote-Suite, könnte der Eröffnungssatz von niemand anderem stammen. Und er war damals zehn, elf Jahre alt,“ so schrieb sein Biograph Brendan G. Carroll über Erich Wolfgang Korngold gesagt, der am 29. Mai 1897 in Brünn geboren wurde. Sein Großvater Simon (1832–1897) war zuvor aus Galizien gekommen und hatte sich in der heutigen Cejl-Straße niedergelassen, wo er Spirituosen produzierte. Sein erstgeborener Sohn Julius (1860–1945) aus seiner ersten Ehe mit Rosa Lam (1837–1879) hatte in Wien Rechtswissenschaft und am Konservatorium Musik studiert (zu seinen Lehrern gehörte auch Anton Bruckner). Neben seiner Tätigkeit als Anwalt wurde er zu einem der promintesten Musikkritiker der Zeit, der zugleich seine unerfüllten künstlerischen Ambitionen in seinen jüngeren Sohn Erich setzte. Im Jahre 1909 gab er auf eigene Kosten drei Kompositionen seines Sohnes heraus: die Ballettpantomime Der Schneemann, die Klaviersonate Nr. 1 und die Klaviersuite Don Quixote. Einzelne Exemplare hatte er an ein Dutzend bedeutender Musikerpersönlichkeiten gesendet, darunter an den Dirigenten Arthur Nikisch, den Musikwissenschaftler Hermann Kretzschmar und die Komponisten Engelbert Humperdinck und Richard Strauss. Julius Korngold war auch an der ersten Oper seines Sohnes Erich, Der Ring des Polykrates, beteiligt, und unter dem Pseudonym Paul Schott am Libretto nach dem Roman Bruges-la-morte von George Rodenbach (1855–1898) für die Oper Die tote Stadt.
Im Juni 1906 hatte Julius Korngold ein Treffen des neunjährigen Erich mit Gustav Mahler (1860–1911) organisiert. Nach seinen Memoiren habe Mahler den Knaben als „musikalisches Genie“ bezeichnet und ihm ein Studium bei seinem Freund Alexander Zemlinsky (1871–1942) empfohlen, der Erich Lektionen in Instrumentierung erteilte. Nach 18 Monaten, mit Zemlinskys Begründung, er könne Erich nichts mehr bieten, setzte er dann seine Studien bei Karl Weigl (1881–1949) und Hermann Grädener (1844–1929) fort. Im Jahre 1911 schrieb Zemlinsky, der damals bereits am Neuen Deutschen Theater in Prag engagiert war, dann ironisch an den jungen Komponisten: „Lieber Erich! Ich höre, dass Du jetzt bei Grädener studierst. Macht er Fortschritte?“
„Man ist erfüllt von Ehrfurcht und Besorgnis angesichts einer so frühreifen Manifestation von Genie.“ Richard Strauss
Im Jahre 1910 fand an der Wiener Hofoper die Uraufführung der Ballettpantomime Der Schneemann in der Choreografie von Carl Godlewski statt. „Keine Rede davon, dass irgend ein Hörer jemals auf den Gedanken kommen könnte, dass diese leicht hinschwebende, zärtliche Musik von einem Elfjährigen erfunden sei; so temperamentvoll, witzig, so lebhaft harmonisch kontrastiert, so mühelos und eher raffiniert als primitiv ist diese dabei doch so unbewusst empfangene und ausgeströmte Musik. [...] Das ist die hauptsächliche Empfindung, die jeden überkommen hat, der diese Arbeiten des Knaben kennen lernte: diese Frühreife und diese ruhige Sicherheit der Begabung haben etwas rätselhaftes und beunruhigendes in sich,“ schrieb nach der Premiere Richard Specht. Dass die Instrumentierung von Korngolds damaligem Lehrer Alexander Zemlinsky stammte, hatte die Begeisterung dabei nicht geschwächt. Noch Ende desselben Jahres kam ein weiterer Erfolg, nachdem Erichs Klaviertrio Op. 1 in München, New York und auch in seiner Geburtsstadt Brünn aufgeführt worden war.
Korngold war noch immer ein Junge, doch seine Werke wurden bereits von den größten Musikerpersönlichkeiten seiner Zeit aufgeführt: Artur Schnabel hatte seine Klaviersonate Op. 2 aus dem Jahre 1910 propagiert, Arthur Nikisch mit dem Leipziger Gewandhausorchester das erste Orchesterwerk Korngolds, die Schauspiel-Ouvertüre Op. 4, uraufgeführt, Felix Weingartner im Jahre 1913 seine Sinfonietta B-Dur Op. 5 in Wien, Carl Flesch und Artur Schnabel seine Violinsonate G-Dur Op. 6 in Berlin. Am 21. Mai 1919, im Jahr des 50-jährigen Jubiläums des Wiener Opernhauses, trat Korngold zum ersten Mal an dessen Dirigentenpult auf, und zwar bei der Wiederaufnahme seiner ersten beiden Opern Der Ring des Polykrates und Violanta in diesem Haus (die am 28. März 1916 von Bruno Walter in München uraufgeführt wurden) unter Beteilung von Opernstars wie Alfred Piccaver, Lotte Lehmann, Maria Jeritza, Rose Ader, Arthur Fleischer und Leo Slezak. Ein Jahr danach spielte das renommierte Rosé-Quartett Erichs Streichsextett D-Dur Op. 10. Im Jahre 1920 hatte seine dritte Oper, Die tote Stadt, die gleichzeitig in Hamburg unter Egon Pollak und in Köln unter Otto Klemperer uraufgeführt wurde, einen großen Erfolg. Im Jahre 1921 wurde sie an der Metropolitan Opera in New York mit Maria Jeritza in der Rolle der Marietta,und in Wien, wo sie 84 Vorstellungen erreichte, gespielt. Im Jahre 1922 hatte Alexander Zemlinsky Die tote Stadt am Neuen deutschen Theater in Prag unter der Regie von Louis Laber erstaufgeführt. Bis 1933 erlebte das Werk insgesamt 55 Inszenierungen.
„Ich erinnere mich gut an die Zeit, als ich als musikalisches Wunderkind mit elf, zwölf Jahren die musikalischen Autoritäten mit meinen harmonisch ultra-modernen Kompositionen verblüffte und in Schrecken versetzte. Aber seitdem ich als Siebzehnjähriger begann, für die Opernbühne zu schreiben [...] blieb ich immer meinem festen Glauben treu, dass Musik melodisch sein sollte und, wie ein alter Wiener Meister zu predigen und mich zu lehren pflegte, ‚wohllautend’,“ sagte Erich Wolfgang Korngold.
Sehnsucht nach einem eigenen Leben
Der Erfolg von Die tote Stadt hatte Korngold ein Engagement am Stadttheater in Hamburg eingebracht, an dem er ab 1921 als Dirigent, Bearbeiter und Korrepetitor wirkte. Im Jahre 1924 heiratete er die Schauspielerin Luise „Luzi“ von Sonnenthal (1900–1962), der er später seine vierte Oper, Das Wunder der Heliane, widmetet. Luise hatte ihr Leben mit Korngold als eine „lange und glückliche Lovestory“ beschrieben. Korngold war jüdischer Herkunft, in der Heiratsurkunde stand bei beiden Ehepartnern „konfessionslos“. Im Jahre 1925 wurde der Sohn Ernst geboren, drei Jahre danach Georg. Die wachsende Familie und die ständige Aufsicht des Vaters Julius nicht nur über seinen Sohn, sondern auch über dessen Einnahmen aus Honoraren und Tantiemen veranlassten den jungen Komponisten schließlich, nach Wegen zu suchen, sich nicht nur vom Einfluss seines Vaters zu befreien, sondern auch neue Einkommensquelle zu finden. Diese fand er in Operettenbearbeitungen. Unter anderem war Korngold an der erfolgreichen Bearbeitung von Eine Nacht in Venedig von Johann Strauss für das Theater an der Wien und einer weiteren Adaptierung der Musik von Strauss, Walzer aus Wien, beteiligt; dieses Stück wurde an der Wiener Oper im Jahre 1930 aufgeführt und vier Jahre danach unter dem Titel The Great Waltz sogar am Broadway gespielt. Korngold setzte aber auch seine eigene kompositorische Tätigkeit fort. Er schrieb das Streichquartett Nr. 1 Op. 16, im Auftrag des Pianisten Paul Wittgenstein das Klavierkonzert für die linke Hand und Drei Lieder Op. 18. Im Jahre 1926 wurde ihm der Kunstpreis der Stadt Wien verliehen, im darauffolgenden Jahr wurde er der historisch jüngste Professor der Wiener Musikakademie. Im Jahre 1927 hatte er auch seine vierte Oper, Das Wunder der Heliane, vollendet, die in der Konkurrenz mit der Zeitoper Ernst Kreneks, Jonny spielt auf, vom Publikum nur mit mäßigem Beifall aufgenommen wurde, trotz der glänzenden Besetzung mit Lotte Lehmann und Jan Kiepura. Im Jahre 1932 begann Korngold dann die Arbeit an seiner letzten Oper, Die Kathrin, die er im Jahre 1937 vollendete. Der Schott-Verlag forderte ihn damals auf, das beabsichtigte Thema der Oper (eine französisch-deutsche Versöhnung) zu ändern, doch Korngold lehnte ab, sodass das Werk erst 1939 auf dem Boden des neutralen Schweden uraufgeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Korngold bereits in Hollywood vollständig etabliert.
Erste Schritte in Hollywood
„Musik ist Musik, ob sie für die Bühne, das Dirigentenpult oder fürs Kino ist.“
Erich Wolfgang Korngold
Zwischen 1934 und 1938 lebte Korngold abwechselnd in Wien und Hollywood. Im Winter hatte er für den Film gearbeitet, den Sommer aber sich seinen „ernsten“ Kompositionen gewidmet. Den ersten Auftrag für Hollywood hatte ihm Max Reinhardt (1873–1943) im Jahre 1934 anvertraut – für seine Verfilmung von Shakespeares Ein Sommernachtstraum. Korngold hatte Reinhardt bereits im Jahre 1929 anlässlich der Berliner Aufführungen der Fledermaus von Johann Strauss und der Schönen Helena Offenbachs kennengelernt, in der die Titelrolle die tschechische Sopranistin Jarmila Novotná verkörpert hatte. Für das Team seines Sommernachtstraums hatte Reinhardt ausschließlich Künstler aus Europa gewählt: den dänischen Kostümbildner Max Rée, den polnischen expressionistischen Maler Anton Grot, die russische Choreographin Bronislava Nijinska, und Erich Wolfgang Korngold. Gemeinsam schufen sie einen der bemerkenswertesten Filme seiner Zeit. Korngold hatte die originale Bühnenmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy bearbeitet und teilweise eine eigene dazu komponiert. Es ist eine Anekdote dazu überliefert worden: Als Korngold zum ersten Mal in die Hollywood-Studios gekommen ist, habe er einen Techniker gefragt, wie lang eine Filmspur sei. „Twelve inches (Zwölf Zoll),“ war die bündige Antwort. „Das habe ich nicht gemeint,“ bestand darauf Korngold. „Wie lange es auf dem Bildschirm dauert?“ Noch nie hatte jemand eine solche Frage gestellt, also wurde gemessen, und als der Techniker zurückkam, meldete er: „Dreiviertelsekunde.“ Korngold hat gelacht und sagte: „Ach! Genau wie die beiden ersten Takte von Mendelssohns Scherzo!“ Ein Sommernachtstraum wurde im Oktober 1935 gleichzeitig in New York und London uraufgeführt und im selben Jahr in Österreich gezeigt. In Deutschland wurde der Film erst Ende der 1960er Jahre erstmals präsentiert.
Die Art und Weise, wie Korngold an dem Film gearbeitet hatte, hatte er im Jahre 1940 für die Zeitschrift Music and Dance in California beschrieben: „Zunächst musste ich Voraufnahmen, sogenannte Playbacks, von Mendelssohns Scherzo und Nocturne machen, die während der eigentlichen Dreharbeiten (zu den der Ballettepisoden) über riesige Lautsprecher übertragen wurden. Anschließend dirigierte ich das Orchester auf der Bühne bei komplizierten Simultanaufnahmen, und schließlich dirigierte ich nach dem Schnitt des Films eine Reihe von Musiknummern, die als Hintergrundmusik in das fertige Bild eingearbeitet wurden.
Darüber hinaus habe ich eine neue Methode entwickelt, eine Kombination aller drei Techniken, und zwar für die Musik, die das gesprochene Wort begleitete. Ich habe die Musik im Voraus geschrieben und dann – ohne Orchester – die Schauspieler auf der Bühne dirigiert, damit sie ihre Verse im erforderlichen Rhythmus sprechen konnten, und dann habe ich einige Wochen später mit Hilfe der Kopfhörer diese Teile mit dem Orchester aufgenommen.“ Korngold kontrollierte auch den Schnitt und die Postproduktion. Den Film hatte er als eine neue Gelegenheit, eine neue Plattform der künstlerischen Tätigkeit verstanden: „Wir sind nicht mehr auf Puccini, Verdi oder Mascagni angewiesen. Die Produzenten haben erkannt, dass sich die Erwartungen des Publikums verändert haben, und wir durchlaufen nun einen Test, der uns möglicherweise zur Komposition einer modernen Oper für die Leinwand führen wird. Wenn dieser Tag kommt, werden Komponisten den Film als eine musikalische Form akzeptieren, die der klassischen Oper oder einer Symphonie ebenbürtig ist.“
Ein Europäer, der Hollywood eroberte
Nach dem Erfolg des Sommernachtstraums zeigten auch die Paramount-Studios Interesse an der Zusammenarbeit mit Korngold; auch Warner Brothers, mit dem er kurz darauf einen exklusiven Vertrag unterzeichnete. Sein erster Film war dann Captain Blood (1935), der unter anderem am Anfang der Karriere von Errol Flynn stand. Es folgten Anthony Adverse (1936), dessen Musik Korngold seinen ersten Oscar gebracht hatte, Another Dawn und The Prince and the Pauper (1937). Im Januar 1938 hatte er dann in Wien ein Telegramm erhalten mit der Aufforderung, der Komponist solle binnen 10 Tage nach Hollywood kommen, um für einen neuen Film zur Verfügung zu stehen – The Adventures of Robin Hood. Es war das ein wichtiger Wink, das politisch unstabile Europa zu verlassen und mit der ganzen Familie in die Vereinigten Staaten zu übersiedeln – was ihnen nur wenige Tage vor dem „Anschluss“ im März 1938 gelang. So hat der Film The Adventures of Robin Hood nicht nur Korngold und seiner Familie wahrscheinlich das Leben gerettet, sondern ihm auch seinen zweiten Oscar für die Filmmusik gebracht. Es ist interessant, dass Korngold nie mit einem europäischen Filmstudio zusammengearbeitet hatte. Zwar hatte ihm im Jahre 1930 die deutsche UFA eine Zusammenarbeit angeboten, unter anderem mit der Möglichkeit, sich an Erik Charells Film-Operette Der Kongress tanzt zu beteiligen. Da Korngold zu diesem Zeitpunkt entweder zu beschäftigt oder noch nicht am Film interessiert war, hatte er das Angebot aber abgelehnt.
In den Vereinigten Staaten hatte er sich bis 1946 fast ausschließlich dem Film gewidmet und gemeinsam mit Persönlichkeiten wie Alfred Newman (1900–1970), Bernard Herrmann (1911–1975) und Max Steiner (1888–1971) den Hollywood-Musikstil geprägt. Von seinen weiteren Arbeiten seien genannt: Juarez (1939), The Private Lives of Elizabeth and Essex (1939, für den Oscar nominiert), The Sea Hawk (1940, ebenso für den Oscar nominiert), The Sea Wolf (1941), Kings Row (1941) und Deception (1946), dessen Musik dann als Grundlage für das Violincellokonzert diente; im Vertrag mit Warner Brothers hatte er eine Bedingung, dass er das Musikmaterial aus seinen Filmen auch für Konzertwerke verwenden dürfe.
Staatenlos
„Wir betrachteten uns als Wiener; Hitler hat uns zu Juden gemacht.“
Erich Wolfgang Korngold
Im Jahre 1930 wurde Korngolds Name neben den Komponisten Arnold Schönberg, Wilhelm Kienzl und Julius Bittner in einer Enquete des Neuen Wiener Tagblatts als eines der berühmtesten Österreicher genannt. Elf Jahre später hatte ihm der Reichsführer-SS Heinrich Himmler dann die Staatsbürgerschaft entzogen, sein Eigentum wurde zudem von der Wiener Gestapo beschlagnahmt. So wurde Korngold, ohne es zu wissen, staatenlos, bis ihm im Februar 1943 die amerikanische Staatsbürgerschaft verliehen wurde. Im sogenannten „kleinen Weimar“ in Los Angeles war er ein häufiger und gern gesehener Gast von unter anderem Alma Mahler, Franz Werfel, Thomas Mann und Wilhelm Dieterle.
Sorgen in der Nachkriegszeit
„Erich W. Korngold war ein äußerst ehrlicher und rechtschaffener Mann, ernst, wenn die Situation es erforderte, aber der Ernst war immer mit großer Wärme und Humor gemildert.“
Helen Korngold, Schwiegertochter E. W. Korngolds
Im Jahre 1946 hatte sich Korngold von den Filmstudios definitiv verabschiedet und an die Rückkehr seiner Werke auf die Konzertpodien geglaubt. Er komponierte sein hervorragendes Violinkonzert op. 35, das im Jahre 1947 von Jascha Heifetz uraufgeführt wurde. Korngold hatte in ihm Musikmotive von vier seiner Filme verwendet: Another Dawn, Juarez, Anthony Adverse und im Finalsatz das Hauptmotiv von The Prince and the Pauper. Seine Symphonische Serenade op. 39 haben im Jahre 1950 Wiener Symphoniker unter Wilhelm Furtwängler uraufgeführt. Der ersehnte Plan des Komponisten, nach Europa zurückzukehren, wurde 1947 durch einen Herzinfarkt unmöglich gemacht. Den europäischen Boden betrat er erst 1949 wieder, auch wenn sich der Erfolg der Vorkriegsjahre nicht wiederholte und der enttäuschte Komponist zurück in die USA ging. Europa hatte er dann nur noch einmal, im Jahre 1954, besucht, in der Hoffnung, seine Symphonie Fis-Dur op. 40 werde Interesse erregen. Es war jedoch nur eine weitere Enttäuschung; seine Musik war aus der Mode gekommen. Schließlich entschloss er sich, ein weiteres – sein letztes – Filmangebot anzunehmen, woraufhin nach München ging und für das amerikanische Studio Republic Pictures die Musik Richard Wagners für den biographischen Film Magic Fire adaptierte. Im Jahre 1956 hat er einen weiteren Schlaganfall erlitten, woraufhin er teilweise gelähmt war. Er starb 1957 bei der Arbeit an der Partitur seiner Zweiten Symphonie und seiner, in der Reihenfolge sechsten, Oper.
Der Preisträger des allerersten Oscars für Originalfilmmusik starb nahezu vergessen als amerikanischer Staatsbürger im Alter von nur 60 Jahren in Hollywood. Eine Renaissance erlebte seine Musik erst in den 1970er Jahren dank seiner Söhne Georg und Ernst, denen es gelungen ist, seine Filmmusik auf Schallplatten zu veröffentlichen. Seit 1995 verleiht die Stiftung Deutsche Kinemathek den Erich Wolfgang Korngold-Preis für ein „künstlerisches Lebenswerk“ auf dem Gebiet der Filmmusik.
Korngold und Brünn
Erich Wolfgang Korngold hat in Brünn seine ersten vier Lebensjahre verbracht. Im Jahre 1901 ist die Familie nach Wien übersiedelt, vermutlich aufgrund der Tatsache, dass der Vater Julius ein Angebot als Kritiker in Österreichs wichtigster liberaler Zeitung Neue Freie Presse erhalten hat. Brünn hat jedoch seinen berühmten Landsmann nicht vergessen. Im Jahre 1917 wurden im Brünner deutschen Theater die Einakter Der Ring des Polykrates und Violanta, mit dem Star der Wiener Hofoper, der ebenfalls in Brünn geborenen Marie Jedličková (Maria Jeritza) als Violanta, aufgeführt. Im Jahre 1922 folgte Die tote Stadt und In den Spielzeiten 1929–1931 war Korngold sogar ständiger Gastdirigent der Brünner deutschen Oper. Im Jahre 2002 wurde an seinem Geburtshaus, Koliště Nr. 1, eine Gedenktafel enthüllt, ein Werk des akademischen Bildhauers Milivoj Husák. Im Jahr 2004 wurde im Haus der Herren von Kunstat zudem das Korngold-Zentrum mit einem reichen Archiv von Dokumenten und Musikarchiv eröffnet.
- Korngolds fünf Jahre älterer Bruder Hans (1892–1965) war ebenfalls musikalisch begabt, er war Leiter einer Jazzkapelle und Autor von Revuemusik.
- Zu Beginn seiner Karriere hat Korngold Live-Aufnahmen seiner Klavierkompositionen auf dem Aeolian Duo-Art-System gemacht. Diese Aufnahmen sind erhalten geblieben und können noch heute gehört werden.
- Neben der Musik studierte Korngold auch am Gymnasium und absolvierte während des Ersten Weltkriegs 1917– 1918 seinen Militärdienst in der Kapelle des 1. Landwehr-Infanterieregiments, für die er Marschmusik komponiert hat.